Der Begriff "Schlechinger Almen" braucht Erläuterung:
Als ihre Almen begreifen die Schlechinger ihre Almen auf den Bergen von der Landesgrenze angefangen, links der Tiroler Ache liegend, etwa bis zur heutigen Gemeindegrenze zu Grassau und Marquartstein. Die Almen rechtsseitig der Ache wurden von den Achberger Bauern bestoßen und folglich die "Achberger Almen" genannt.
In der Almen-Datenbank sind unter "Schlechinger Almen" jedoch alle Almen eingestellt, die im heutigen Gemeindegebiet Schleching liegen. Insoweit decken sich die Inhalte mit dem Begriff der Schlechinger Almen nicht.
Die Achberger Almen lagen ursprünglich im Bereich der Ortshauptmannschaft Schleching, wurden jedoch 1818 bei der Gründung der Gemeinden samt ihren Orten und Weilern der neu geschaffenen Gemeinde Oberwössen zugeschlagen. Die Gemeindegrenze zwischen Oberwössen und Schleching verlief mittig in der Ache. Nach Auflösung der Gemeinde Oberwössen gehörte der Achberg kurz zu Unterwössen. Bei der 1978 abgehaltenen Abstimmung der Achberger über ihre Gemeindezugehörigkeit entschied sich die Mehrheit für Schleching. Das Almgebiet von der Raineralm an der Klobensteinstrasse über die Bäcker-, Reiter-, Peterer-, Haider- und Kreuzerwiesenalm liegt seither in der Schlechinger Gemeinde.
Aber auch bei den klassischen Schlechinger Almen stimmten und stimmen die Almgrenzen mit der Verwaltungsgrenze zum Landkreis Rosenheim bis heute nicht überein. Die westliche Grenze von Schleching bildete von alters her die Grenze zur Herrschaft Hohenaschau, der heutigen Landkreisgrenze. Das Almengebiet der Schlechinger weitet sich bei der Steinbergalm unter der Kampenwand, bei der Hinterdalsenalm und vor allem bei der Roßalm auf dieses Gebiet aus. Im Bereich der heutigen "Priener Hütte" lagen zudem früher die Ettenhauser Hochalmen.
Von der vormals auch von Ettenhauser Bauern bestoßenen Karalm, heute Kössener Karalm in Tirol, liegen heute nur noch 4 ha Weidegebiet in Bayern. Die Staatsgrenzstreitigkeiten zwischen Bayern und Tirol, die sich bis 1844 hinzogen, endeten mit einem Kompromiss, der die Karalm den Tirolern zusprach und dafür Almen rechts der Ache, u.a. die Rainer- und heutige Bäckeralm, den Bayern übergab. Der Nager aus Grassau ist auf der Karalm als bayerischer Almbauer übrig geblieben. Dagegen bekommt der Pfandlalmbauer Huber Johann aus Walchsee bayerische Almförderung.
Ursprünglich waren die Schlechinger Almen den einzelnen Ortschaften zugeordnet.
Die Raitener und der Lanzinger fuhren auf die Vordere Dalsenalm, die Mettenhamer auf die Steinbergalm, die Schlechinger auf die Haidenholz- und Roßalm und die Ettenhauser auf die Wuhrstein-, Ettenhauser Hochalm und auf die Karlalpe.
Durch zahlreiche Eigentumsübergänge ist diese Ordnung heute nicht mehr eindeutig gegeben. Die Grundstruktur blieb jedoch noch erhalten.
Vermehrte Hof- und Almaufgaben Ende des 19. Jhdt’s und besonders nach dem 2. Weltkrieg in den 1950-60er-Jahren haben die Almenstruktur und –landschaft nachhaltig verändert.
Die meisten ‚Alminseln‘ (Enklaven), wohl schon als Maisalmen entstanden, wurden vom Staatsforst übernommen, die Kaser geschliffen und die Flächen aufgeforstet. Besonders deutlich wird dies bei der Betrachtung der Schlechinger Gemeindekarte mit Vermessungsstand ca. 1900. Der Staatsforst war damals noch ausmärkisches Gebiet. Die Alm- und Privatgrundflächen hat man rotfarbigumfahren gekennzeichnet. Die vielen einzeln liegenden Almflächen geben ein lebendiges Bild und im Vergleich mit der heutigen Karte zeigt diese die hohe Anzahl der verlorengegangen Alm- und Freiflächen.
Dieser Almenverlust hätte sich wohl weiter fortgesetzt, hätte man nicht in den 1970-er Jahren mit dem Bau der Forststraßen auch die straßenmäßige Erschließung der Almen geschaffen. In der heutigen Zeit wären diese Straßenbauprojekte kaum mehr durchsetzbar. Anschaulichstes Beispiel hierfür ist der Streit um die Wegeerschließung der Roßalm, die einzige Alm bei uns, die noch keinen Fahrweg hat.
Aus der Untersuchung "Almen im Grenzraum zwischen Bayern und Salzburg", INTERREG IV A aus dem Jahre 2014 geht hervor, daß das Almgebiet Schleching mit 607,76 ha Lichtweidefläche nach Ruhpolding das zweitgrößte im LKR TS ist.
Bei den Schlechinger Almen trifft zudem die Feststellung aus der INTERREG-Untersuchung besonders zu: "Auf den meisten Almen ist die Bestockung vorgerückt, eine faktische Verkleinerung der Lichtweide und eine Entmischung der Wald- und Weidefläche eingetreten" und "Ein mittlerweile erreichter Berggrünland-Anteil von nur noch 6,6 % und ein Bewaldungsprozent von 72 % in der Traunsteiner Bergregion lässt weitere Waldmehrung als unerwünscht erscheinen".
Neben dem Lichtweideverlust durch Verbuschung und Bestockung ist aber auch festzustellen, daß die Lawinenhäufigkeit (2009 ein Kaserverlust und Kaserschäden auf der Steinbergalm) die Ausweisung von Schutzwäldern notwendig macht. IG Iva meint: "Der Beweidungsrückzug von den schwierigen und ökologisch empfindlichen Standorten ist im Gebiet bereits weitgehend vollzogen".
Der jetzt noch verbliebene Lichtweidezuschnitt sollte erhalten bleiben.
Etwa die Hälfte der westlichen Schlechinger Almen liegt im Naturschutzgebiet "Geigelstein" und unterliegt damit zusätzlichen Nutzungsvorgaben.
Die Zahl der Almen mit einer Einkehr ist in Schleching rückläufig. 2019 wird es auf der Schlechinger Seite nur mehr auf der Haidenholzalm durch Sennleute und auf der Wuhrsteinalm durch das Unterkunftshaus für die ganze Almzeit eine Wandererversorgung geben. Auf der Achberger Seite verbleibt nur mehr die Bäckeralm als Einkehr.
Schleching ist zusammen mit Sachrang 2017 zum "Bergsteigerdorf" ernannt worden.
Für den dauerhaften Erhalt dieses Prädikates wird es nötig sein, dem Bergsteiger wieder mehr Raststationen anzubieten.
Helmut Birner, Oktober 2018